Ein Blick auf den Pazifik

Dienstag, 1. März 2011

Die Arbeit des Jugendrotkreuz Costa Rica

Nachdem ich im ersten Blog-Eintrag bereits kurz skizziert hatte, in welchen Bereichen mein Arbeitgeber, das Jugendrotkreuz tätig ist, möchte ich nun mit den detailierteren Eindrücken, die ich nach nun 5 Monaten gesammelt habe, die Skizze weiter zeichnen und zu einem Bild fertigstellen.


Cruz Roja Juventud - vor allem ein Sozialprogramm

Jeder, der an das Rote Kreuz denkt, denkt erstmal an Krankenwagen, Sanitäter und Unfälle. Doch ist es mehr als nur das. Betrachtet man die Rotkreuzgrundsätze "Menschlichkeit" und "Universalität", erscheint es nur logisch, dass man sich im Sinne der Ziele auch woanders engagiert.
Welche Bedeutung hat nun das Jugendrotkreuz? Es hat zwei wichtige Funktionen: zum einen das gesellschaftspolitische Engagement durch seine Arbeit und andererseits eine soziale Funktion für seine Mitglieder. Um die soziale Funktion zu verstehen, muss man Folgendes wissen: Freizeitmöglichkeiten sind hier weniger häufig sind als in Deutschland: es gibt keinen organisierten Vereinsport, wie wir ihn aus Deutschland kennen, Musikunterricht und Fitnessstudios sind sehr teuer, Jugendzentren sind fast nicht auffindbar. Vor allem in kleinen Städten sind Angebote rar. Außerdem ergab mal eine interne Umfrage, dass ein sehr hoher Prozentsatz der Jugendlichen aus Patchworkfamilien stammt, familiäre Probleme sind nicht selten.
Das JRK ist also für die Jugendlichen einerseits wie eine 2. Familie und Freundeskreis, andererseits eine Möglichkeit, sich außerhalb der Schule zu beschäftigen, und zwar sinnvoll. Das Gefühl durch verschiedene Projekte etwas Gutes zu tun, bereitet ihnen große Freude.

Cruz Roja Escolar - Das Rote Kreuz geht in die Schule

Einen grossen Teil seines Engagements leistet das JRK durch das Programm "Cruz Roja Escolar". Die Jugendgruppen der verschiedenen Rotkreuz-Ortsvereine gehen in Schulen und halten Vorträge oder gestalten sogar für ein oder zwei Stunden den Unterricht. Themen sind Umweltschutz (korrekte Müllentsorgung), Rotkreuzphilosophie, Katastophenmanagement, Drogen und HIV/Aids. Vor allem das letzte Thema wird JRK-intern als sehr wichtig angesehen, da dieses Thema in den Schulen von vielen Lehrern nicht gelehrt wird. Mit konservativeren Schulleitungen ist es häufig schwierig, die Erlaubnis zu bekommen, dieses Thema zu unterrichten, da es als "heikel" gilt.
Ziel dieses Programmes ist es, die JRK-Philosophie zu verbreiten und gewisse Aspekte im Leben einger Jugendlichen zu verbessern.

Gewalt ist keine Lösung!

Das Spanische Rote Kreuz finanziert in Mexiko, Mittelamerika und der Karibik das Projekt "Estrategia Regional de Prevención de Violencia" (Regionale Gewaltpräventionsstrategie). So hat auch das JRK-Costa Rica eine Abteilung "ERPV". Bisher hat sich die Arbeit hauptsächlich auf den Bezirk "Los Guido de Desamparados" fokussiert. Der Bezirk weist viele Merkmale auf, wie man sich einen Slum vorstellt: hohe Kriminalität, hohe Arbeitslosigkeit, Häuser aus Blechplatten und Sperrholz, hohe Anzahl Schulabbrüche etc. Zudem habe ich bei einer Umfrage, die das JRK hier im Februar machte, bei der ich auch mit der Auswertung mithalf, erschrocken feststellen müssen, dass auf einem Fragebogen die 19-jährige Befragte Jahren schon drei Kinder hatte, sowie lediglich einen "Grundschulabschluss" hatte (Grundschuldauer hier 6 Jahre).
Die Abteilung ERPV engagiert sich hauptsächlich, indem sie alternative Freizeitmöglichkeiten für Jugendliche anbietet. So gab und gibt es nachmittags Angebote wie Tanzen, Fotografie, Zirkus oder Fußball. Das Ziel ist genauso einfach wie einleuchtend: wenn die Jugendlichen Energie und Zeit für solche Aktivitäten verbrauchen und verwenden sie diese nicht für Drogenkonsum oder Aggressionsabbau.
Die Abteilung ERPV ist eine relativ unabhängige Abteilung, daher bin ich, als Mitarbeiter der nationalen Leitung, nicht direkt eingebunden. Hilfe leiste ich trotzdem: so bin ich Teil des Fußballprojektteams und helfe, wenn es dort mal mehr Arbeit gibt, z.B. bei der Auswertung der Umfragbögen.
In Zukunft soll das Gewaltpräventionsprojekt ausgeweitet werden. Um die Ausweitung vorzubereiten, haben andere JRK-Freiwillige und ich letzte Woche eine Mediatorenausbildung gemacht. Wie das Konzept zum weiteren Engagement aussieht, wurde mir noch nicht erklärt, doch bin ich optimistisch.

Unsere Welt, unsere Verantwortung, unser Handeln!

Seit einigen Jahren engagiert sich das Rote Kreuz auch im Bereich Umwelt. Ziel ist hauptsächlich, die Menschen für die Umweltthematik zu sensibilisieren. Umweltschutz wird innerhalb des Roten Kreuzes als sehr wichtig erachtet, da es hier verschiedene Risiken gibt: die Karibikküste wird durch den Klimawandel immer häufiger von Hurricans angegriffen. Durch starke Regenfälle sind viele Gebiete überschwemmungs- und erdrutschgefährdet (teilweise auch durch Abholzung an Berghängen).Eine grossräumige Abholzung der Regenwälder, sowie starke Müllverschmutzung und Flussvergiftung wären neben gesundheitlichen, ökologischen und ethischen Problemen auch wirtschaftlich eine mittelgrosse Katastrophe, ist der Industriezweig Ökotourismus in den letzten Jahren doch ziemlich gewachsen und inzwischen eine grosse Einnahmequelle und ein wichiger Arbeitgeber. Durch die Erderwärmung ist auch die Dengue-Mücke auf dem Vormarsch. Die Dengue-Mücke kann mit ihren Stichen das Dengue-Fieber übertragen, das bei Menschen mit schwachen Immunsystem zum Tode führen kann.
Was tut nun das JRK? Im Rahmen des oben erwähnten Programmes "Cruz Roja Escolar" wird an Schulen, je nach Stufe, über die Themen Müll und Katastrophenursachen referiert beziehungsweise spielerisch vorgetragen. Immer mal wieder gibt es auch so genannte "Actividades de Limpieza", also Reinigungsaktionen. Hauptsächlich wird dabei Müll aufgesammelt. Man sollte sich diese Aktionen aber nicht so vorstellen, als wären die Jugendrotkreuzfreiwiligen "Ersatzmüllmänner", nein, diese Tätigkeiten dienen zum einen der Sensibilisierung der Freiwilligen selbst und zum anderen sind solche Aktionen ziemlich werbewirksam. Wenn 50 oder mehr Freiwillige Müll aufsammeln, erregt das Aufsehen und macht  Zuschauern die Müllproblematik deutlich. Und wenn solche Aktionen an einem Strand ausgeführt werden, macht das auch noch sehr viel Spaß.
Dem deutschen Leser mag dies etwas fremd vorkommen, auch ich fand das ganze am Anfang etwas bizarr, doch leuchteten mir die Vorteile langsam ein.
Es gibt noch eine weitere Umweltaktion, "NO al Dengue", über die ich jedoch sehr wenig weiß. Sollte ich während meines Aufenthaltes nochmal an einer solchen teilnehmen, werde ich selbsverständlich darüber berichten.

Bei all den Aktivitäten, darf man nicht vergessen, dass hier keine Professionelle am Werk sind, sondern Freiwillige im Schüleralter. Die Ergebnisse sind also im Rahmen der finanziellen und qualitativen Möglichkeiten durchaus respektabel.

4 Kommentare:

  1. Hallo Oliver,
    habe deinen Blog mit Interesse gelesen, da ich mich auch für weltwärts beworben habe und wahrscheinlich ab Sommer 2011 beim Jugendrotkreuz in Costa Rica arbeite (auch über die Volunta). Bin sozusagen deine Nachfolgerin ;-) Hast du evtl. ein paar Infos für mich, was du dort genau machst, also was sind deine konkreten Aufgaben? Wäre cool, wenn du dich bei mir melden könntest, entweder über Facebook (Johanna Neuke) oder per Mail an johneuke@hotmail.com
    Danke dafür und viel Erfolg & Spaß noch.
    johanna

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  2. Hallo Johanna,

    natürlich helfe ich dir da gerne. Ich werde mich bei dir mal melden.

    Gruss
    Oliver

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  3. Hallo Oliver!

    Für mich ist es jetzt langsam Zeit mich für ein Auslandsjahr zu bewerben und ich ziehe auch in Erwägung, über Volunta nach Costa Rica zu gehen.
    Für was für ein Projekt hast du dich da konkret beworben und was ist deine Hauptaufgabe?
    Ich hätte auch noch ein paar konkrete Fragen über das Leben in Costa Rica, es wäre ganz cool wenn du auch mir mal schreiben könntest (kuchen.im.ausland@googlemail.com) und ich erkläre dir dann genauer, was mich noch so interessiert.
    Danke schonmal und noch eine schöne Restzeit (für dich ist es ja jetzt wohl bald schon wieder vorbei oder ist es gar schon?).

    Liebe Grüße
    Julia

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  4. Alles klar Julia!

    Ich schreibe dir jetzt eine Mail. Kannst mal in dein Postfach schauen ;-)

    Oli

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